Sigurd Larsen und Herbert Hofmann

Sigurd Larsen und Herbert Hofmann

Architekt & Designer, Creative Director

21. Januar 2016

Berlin

Individuelle Dachmaisonette im lebendigen Kreuzberg. Zwei Zimmer, offene Küche, Bullaugenfenster, gemütliche Mansarde mit unglaublichem Blick über die Dächer der Stadt. Keine Immobilienanzeige, sondern das Zuhause von Sigurd Larsen und Herbert Hofmann. Das ursprünglich aus Dänemark und Österreich stammende Paar wohnt hier seit mehreren Jahren. Man selbst kommt ihm hingegen selten so nah, dem Himmel über Berlin. Anders als bei Wim Wenders wird es nicht um Vergänglichkeit menschlichen Lebens gehen. Vielmehr um Veränderung von Lebensräumen und die Beständigkeit guter Möbel. Sigurd ist selbst Möbelmacher und Architekt, konzeptionell konzentriert sich seine Arbeit auf die „Funktionalität komplexer Räume“. Herbert kuratiert den Kreuzberger Voo Store, der längst zu einer Institution in Sachen Lifestyle geworden ist. Auch ihr eigener ist geprägt von gutem Geschmack. Und von Veränderung. Die beiden haben ihre Wohnung gerade generalüberholt.

Funktionaler Farbkleks: Wo es vor dem Umbau eine Abstellkammer gab, steht hat heute ein gelbes USM Haller Sideboard, in dem allerlei Dinge verschwinden.

Wie wir selbst sind unsere Wohnungen stets im Wandel begriffen. Bei euch hat sich in den vergangenen Monaten besonders viel verändert. Wie kam es zu dem Umbau?

Sigurd: Ich wohne hier seit sieben Jahren, Herbert ist etwa vor fünf hergezogen. Irgendwann hat sich der Eigentümer dieses Hauses dann entschlossen, alle Wohnungen einzeln zu verkaufen. Wir haben daraufhin eine gefühlte Ewigkeit mit ihm verhandelt. Als wir sie schließlich gekauft haben, konnten wir anfangen, Dinge zu verändern. An der Stelle des Wohnzimmers hat es vorher ein eigentlich viel zu großes Schlafzimmer gegeben. Der Aufgang zum Dach war ungünstig angebracht, also haben wir ihn versetzt und so die Mansarde vergrößert. Dann hat es früher auch einen Flur gegeben, der viel zu viel Raum gefressen hat. Um die Küche zu vergrößern, haben wir den Balkon verkleinert. Nur das Bad ist so geblieben wie es war.

Herbert: Das Bad musste vorerst bleiben, weil alles andere sowieso schon viel länger gedauert hat als geplant. Man kennt das ja von anderen Projekten im Leben: Alles dauert immer länger als erwartet. Aber so eine Baustelle, die dauert dann eben nochmal länger. Besonders wenn man alles genau so haben will wie man es sich vorstellt.

Welche Bedeutung hatte der Prozess der Veränderung für euch persönlich?

Sigurd: Zunächst natürlich eine ganz praktische, denn ursprünglich war diese Wohnung mit ihren zwei etwa gleich großen Zimmern eher WG-geeignet, als für ein Paar. Abgesehen davon ist das Umbauen und Umräumen von Wohnräumen doch auch so was wie ein natürlicher Impuls, der in gewissen Intervallen immer wieder aufkommt. Immer wenn man gerade glaubt es sei fertig, kommt eine neue Idee. Man baut etwas, doch nach einer Weile wird das langweilig. Also baut man weiter.

Herbert: Ich glaube, das braucht man auch, um gern Zuhause zu sein. Ich hab das als Kind schon geliebt, mit meiner Schwester die Dinge im Zimmer umzustellen, ständig neue Set-ups zu machen. Sachen verschieben oder sie einfach innerhalb von Regalen umsortieren, das regeneriert auch irgendwie.

Sigurd: Was Möbel betrifft, herrscht bei uns sowieso ein rein und raus, denn viele der Dinge die hier stehen sind meine Prototypen – die kommen und gehen mit den Projekten. Wir benutzen sie, bevor sie produziert werden, sozusagen zur Probe. Manche bleiben zwar, aber grundsätzlich unterliegt diese Wohnung einem ständigen Wandel.

Die Patina des Gebrauchs verleiht Objekten Persönlichkeit: Als Designer mag Sigurd Materialien, deren Oberfächen sich im Laufe der Zeit verändern – zum Beispiel Beton oder Leder.

Als Architekt, Sigurd: Ist es das erste Mal gewesen, dass du für dich privat ein Projekt geplant hast?

Sigurd: Ja. Allerdings hätte ich, egal wo ich gewohnt habe in meinem Leben, am liebsten immer alle möglichen Wände versetzt. Das Gute mit dieser Wohnung war, dass ich sie schon so lange bewohnt habe, bevor der Umbau begonnen hat. Es gab also wirklich Zeit, sich Gedanken zu machen, alles über die Jahre und Jahreszeiten zu beobachten. Wo wann das beste Licht ist, wo man am liebsten sitzt. Dort hinten zum Beispiel, wo der Sessel steht, hat man einen tollen Blick auf den Turm da. Solche Kleinigkeiten kann man nur mit der Zeit entdecken.

Herbert: Und nach dem Umbau braucht es dann noch mal eine gewisse Zeit, bis es wirklich wohnlich wird. Mir ist es seit der Renovierung beinahe ein bisschen zu sleek hier. Aber nach einer Weile kommt der Punkt, an dem man aufhört pingelig zu sein. Zum Beispiel nicht mit den Stühlen den Boden zu zerkratzen. Dann beginnt man die Dinge richtig zu benutzen. So werden kleine Kratzer egal und man selbst etwas entspannter.

Und euer USM Haller Sideboard, ist das auch neu?

Herbert: Ja. An der Stelle hat es vor dem Umbau eine Abstellkammer gegeben. Als die weg war, standen die Dinge da einfach rum. Weil ich mich ständig darüber aufgeregt habe, war es dann meine Aufgabe ein Sideboard zu suchen. Wir wollten auch genau dieses gelbe. Gelb mögen wir beide und es passt perfekt hierher. Ich hatte irgendwo ein Bild davon gesehen, war zu dem Zeitpunkt aber gar nicht so vertraut mit dem Produkt. Klar kannte ich den Look, aber den Namen nicht. Ich hab das Bild dann Sigurd geschickt und der meinte direkt: Ach, USM – super!

“Sachen verschieben oder sie einfach innerhalb von Regalen umsortieren, das regeneriert irgendwie.”

Warum habt ihr euch für das geschlossene Modell entschieden?

Sigurd: Weil uns von Anfang an klar war, dass wir es sozusagen als bessere Abstellkammer benutzen würden.

Herbert: Es steht nämlich nicht nur an derselben Stelle – es sind auch dieselben Sachen drin.

Was denn zum Beispiel?

Herbert: Also, ich habe meine Seite, Sigurd seine Seite. In seiner stehen vor allem Aktenordner – er benutzt das USM Sideboard also im klassischen Büromöbel-Sinn – und in meinen Kisten sind Krimskrams, Sonnenbrillen, Kleingeld. Im Grunde ist dieses Regal für mich der Ort für all das, was sonst überall rumfliegen würde.

Sigurd, du sagst konzeptionell liege der Schwerpunkt deiner Arbeit auf der „Funktionalität komplexer Räume“. Da hört man stark den Architekten in dir. Siehst du Möbel als strukturierende Elemente? Als Dinge, die den Raum definieren?

Sigurd: Die meisten meiner Möbel sind so gestaltet, dass man sie von verschiedenen Seiten benutzen kann, was rigide Raumkonzepte aufbricht. Vielleicht mache ich das auch, um zu vermeiden, dass Leute einfach alles gegen die Wand schieben – einfach, weil ich das selbst extrem ungemütlich finde. Ich stelle Möbel am liebsten in den Raum, womit sie nicht nur strukturierend funktionieren, sondern auch flexibler sind. Flexibilität ist mir extrem wichtig beim Wohnen. Deshalb besteht meine Melbourne Serie auch aus Modulen.

Herbert: Die Regale deiner Click Serie, die kann man doch auch beliebig erweitern.

Sigurd: Stimmt. Die sind dabei noch ganz einfach mit vier Schrauben montierbar. Und extrem leicht. Verpackung und Transport, das sind für mich auch große Themen bei Möbeln. Ich finde es wahnsinnig wichtig, dass man verantwortungsbewusst mit Ressourcen umgeht.

Herbert: Vor allem weil es heutzutage gang und gäbe ist, Sachen superschnell auszutauschen. Es ist eben so einfach, ständig zu Ikea zu fahren, sich neu einzurichten und dabei dann auch noch irgendwelchen Firlefanz zu kaufen. Das ist in der Mode ja ähnlich. Mit dieser Primark-Mentalität.

Prozess statt Perfektion: Bevor Sigurds Möbel in Produktion gehen, werden sie von ihm und Herbert im Alltag getestet. Einige Prototypen bleiben Bestandteil ihrer individuellen Einrichtung.

Als Creative Director des Voo Stores bist du für die Selektion von Mode- und Lifestyleprodukten zuständig, Herbert. Der Laden versammelt deine Auswahl und einige Möbel von Sigurd unter einem Dach. Worin bestehen sonst Berührungspunkte eurer Jobs?

Sigurd: Vor allem in der visuellen Ausrichtung – es geht bei uns beiden ja immer um Bilder.

Herbert: Hinzu kommt, dass wir beide durch die Arbeit sehr viel Wert aufs Reisen legen. Das ist uns als Inspiration unheimlich wichtig. Allerdings geht ein Großteil unserer gemeinsamen Reisezeit für Familienbesuche drauf, also für Trips nach Dänemark und Österreich.

Mittlerweile lebt ihr beide schon lange in Berlin. „Zuhause“ – was bedeutet das für euch?

Herbert: Zuhause ist definitiv hier, wo wir herkommen, ist wohl die Heimat. Die Wörter passen gut, denn Heimat hat sowas nostalgisches.

Sigurd: Das Schöne an Berlin ist, dass einem keiner sagen will, wie man bestimmte Dinge zu tun hat. Deshalb fühle ich mich hier so wohl und Zuhause. In Paris erwarten die Menschen, dass du dein Croissant auf eine bestimmte Weise betonst beim Bestellen. Weil man das dort eben so macht. In Berlin macht man die Dinge wie man will. Vielleicht bleibt die Stadt auch deshalb immer in Bewegung und voll von neuem Input.

“In Berlin macht man die Dinge wie man will. Vielleicht bleibt die Stadt auch deshalb immer in Bewegung und voll von neuem Input.”

Insofern ist Berlin ein bisschen wie Sigurds und Herberts Wohnung. Wir danken den beiden, dass wir sie dort besuchen durften.

Dieses Porträt hat das internationale Interviewmagazin Freunde von Freunden produziert. Noch mehr USM Möbel für das Büro und das eigene Zuhause finden sich hier.