Julius Kranefuss

Julius Kranefuss

Architekt

23. Februar 2015

Berlin

Bei Julius Kranefuss geht die Begeisterung für seine Arbeit Hand in Hand mit der für das Leben. Er ist der Typ Mensch, der niemals Pause macht – sei es, wenn er an einem Projekt seiner Architekturfirma ZWEIDREI arbeitet, Geld für benachteiligte Jugendliche sammelt oder voller Energie aufstrebende Künstler trifft. Wir haben ihn in seinem Berliner Bürospace besucht, wo er uns von seinen aktuellen Projekten erzählt – und auf welche außergewöhnliche Art und Weise er an seine USM Möbel gelangt ist.

Julius, deine Firma ZWEIDREI macht Medienarchitektur. Was kann ich mir darunter vorstellen?

Der Begriff Medienarchitektur sollte ursprünglich den klassischen Begriff von Architektur erweitern. Die Idee ist nicht neu: Seit Beginn des 20. Jahrhunderts, aber gerade in den 1970er Jahren, sprach man verstärkt vom Architekturbegriff im erweiterten Sinne. Man verstand Architektur nicht mehr nur als raumbildende Kunst, sondern man sah die Möglichkeit, das soziale Zusammenleben zu regeln. Es ging um die Frage: Wie kann man mithilfe der Architektur soziale Räume und urbane Identitäten schaffen?

Von Medienarchitektur war dann die Rede, wenn Architektur mit modernen Technologien verknüpft wurde. Das wurde wiederum schnell banalisiert und der Begriff tauchte nur in Kontexten von Lichtfassaden und LED-Gestaltung auf. Im Grunde soll es aber eine Architektur beschreiben, die den Einfluss der Technologie auf den Menschen miteinbezieht.

“Wir wollen herausfinden, wie der Mensch seine Umgebung nutzt und wie man darauf reagieren kann.”

Warum passt die Beschreibung Medienarchitektur zu ZWEIDREI?

Früher dachte ich, der Begriff Medienarchitektur passt gut zu uns, denn wir haben, besonders in der Zeit kurz nachdem wir unseren Universitätsabschluss in der Tasche hatten, mit Künstlergruppen an Installationen gearbeitet und mit Raum, Klang und Visualisierung experimentiert. Aber im letzten Jahr habe ich gemerkt, dass wir durchaus Architektur im klassischen Sinne machen wollen und der Begriff Medienarchitektur oft Verwirrung streut. Deswegen heißen wir auch jetzt nur noch ZWEIDREI Architekten GmbH, ohne den Zusatz Medienarchitektur.

Schaut man sich eine Übersicht eurer Projekte an, fällt die enorme Vielfalt auf. Ihr habt sogar einen Stuhl und einen Tisch entwickelt.

Bei ZWEIDREI versuchen wir immer zu verstehen, welche Bedeutung Raum hat. Wir fragen uns zum Beispiel: Wo liegen die Grenzen der Architektur? In diesem Fall ging es um räumliches Design. Die Dinge, die du im täglichen Leben brauchst, sind für mich raumbildende Elemente. Also auch ein Tisch oder ein Stuhl. Der Begriff Produktdesigner existiert nur, weil irgendwer mal meinte: Wir müssen das differenzieren. Letztendlich geht es um die Nutzung von Raum. Viele berühmte Produktdesigner sagen ebenfalls, dass die Entwicklung von Möbelstücken eine extrem architektonische Arbeit ist. Denn es geht darum herauszufinden, wie der Mensch seine Umgebung nutzt und wie man darauf reagieren kann.

Bist du Produktdesigner und Architekt in einem?

Nein. Es gibt so viele Menschen, die Produktdesign wesentlich besser machen als wir. Wenn wir mal die Chance haben, etwas anderes zu entwerfen, freuen wir uns über das Experiment. Ob unser Design jetzt wirklich gut ist, würde ich aber immer in Frage stellen. Aber nur so lernt man dazu. Ich finde es ganz wichtig zu sagen, dass solche Projekte – und sonst auch alles andere in der Architektur – nie nur von einer Person gemacht werden. Ein Personenkult, bei dem ein Architekt besonders hervorgehoben wird, wird der Sache nicht gerecht. Es wäre nicht richtig zu sagen, das hier sei mein Tisch. Allein an diesem Tisch waren acht Leute beteiligt und ohne mein ganzes Büro hätten wir das sowieso nicht machen können. Mir ist es wichtig, dass jeder seine Credits bekommt. Dann macht es sowieso am meisten Spaß.

Neben euren eigenen Entwürfen stehen auch einige USM Möbel in eurem Büro.

Dahinter steckt eine wirklich schöne Geschichte. Am Tag der Schlüsselübergabe für unser Büro bin ich mit meinem Cousin zu meinem alten Büro gefahren, um es leer zu räumen. Als wir ankamen, standen im Hof die Möbel von der Studioauflösung nebenan. Der Besitzer fragte, ob wir etwas davon gebrauchen könnten. Er hänge zwar sehr an den Möbeln, könne sie jedoch nicht behalten. Da standen wirklich hochwertige Sachen. Und wir hatten einen leeren LKW dabei. Wir haben angefangen einzupacken und plötzlich habe ich einen kleinen USM Tisch entdeckt. Ich dachte nur, ‘Wahnsinn!’ Dann durften wir sogar noch oben in den Räumen gucken, da waren noch viel mehr USM Sideboards und Tische.

Ihr durftet alle USM Möbel einfach so mitnehmen?

Ja! Anfangs habe ich mich dabei etwas unwohl gefühlt. Aber der ehemalige Besitzer war froh, dass die Möbel, die er so schätzte, ein würdiges neues Zuhause gefunden haben.

War das Büro, in dem die Möbel zuvor standen, auch ein Architektenbüro?

Nein. USM findet man zwar auch in Architekturbüros, aber aufgrund der funktionalen Ästhetik der Möbel passen sie überall hin. Sie sind schnell und unkompliziert aufzubauen und kommen in genau den Maßen, die man braucht. Eine rundum gute Erfindung!

Hättest du gerne noch mehr USM in der Zukunft?

Definitiv. Diese Möbel sind robust und langlebig, die haben schon Klassiker-Status in Sachen Büromöbel. Aber sie funktionieren auch im Privatbereich, besonders das Sideboard. Es ist zeitlos und vielseitig einsetzbar. Darum gefällt es mir von allen USM Modellen am besten.

Du interessierst dich auch sehr für Kunst. Woher kommt diese Leidenschaft?

Ich bin in einer sehr kunstinteressierten Familie aufgewachsen, gerade was Kunsthistorik angeht. Wir sind früher in jedes Museum gegangen, um zum Beispiel archäologische Ausgrabungen anzuschauen – damals konnte ich das nicht verstehen und wollte lieber an den Strand. Dazu sind wir immer mit dem Auto in den Urlaub gefahren, hunderte von Kilometern nach Italien, Spanien oder Frankreich. Die Fahrt dorthin war schon anstrengend genug, aber dann haben wir sogar noch andauernd angehalten, um Sachen zu besichtigen. Das fand ich natürlich erstmal doof. Im Nachhinein habe ich dadurch aber unglaublich viel Bildung genossen.

Wann hast du die klassische Art der Bildung zu schätzen gelernt?

Einmal sind wir von der Autobahn abgefahren, um das Bilbao Museum von Frank Gehry zu besichtigen. Das war damals gerade erst eröffnet worden. Danach war Frank Gehry für mich die Personalunion von Held und Architekt – auf einmal hat mir das Ganze Spaß gemacht. Das hat mich auch ein bisschen näher in Richtung Architekturstudium gebracht. Zumindest habe ich angefangen, Kunst und Architektur als sehr präsent wahrzunehmen.

Du arbeitest seit Jahren mit der Organisation Round Table 5, einer Kunstauktionsplattform, die zugunsten von Kindern und Jugendlichen veranstaltet wird, zusammen. Liegt das soziale Engagement auch in der Familie?

Ich habe eine sehr liberale Erziehung genossen. Meine Familie ist recht groß, mit vielen Cousins, Onkel und Tanten. In so einer Gemeinschaft lernt man als allererstes, auf den anderen Rücksicht zu nehmen. Die Familie war mir immer wichtig und hat mich dazu gebracht, einen positiven Blick auf das Leben zu haben. Wir sind nicht alleine auf der Welt.

Dieses Denken ist meiner Architektur ebenfalls immanent und kann Faktoren wie Nachhaltigkeit miteinbeziehen. Ich bin mit einer grünen Politik groß geworden, mit der Idee des Recyclings, dem Ende von Atomenergie. Wenn man damit aufwächst, fühlt es sich völlig normal an. Und ich versuche, Dinge richtig zu machen. Es gehört dazu, den Wert anderer Menschen zu schätzen. Ich besitze auch nicht viel, aber kann trotzdem noch teilen. Es geht mir selten ums Geld. Deswegen bin ich auch ein sehr schlechter Geschäftsmann.

Zu guter Letzt: Gibt es Traumprojekte, die du noch nicht realisieren konntest?

Diese Liste ist unzählbar lang. Aber ich habe mir abgewöhnt, nur davon zu träumen, was man alles machen könnte. Was ich mache, ist bereits das, was ich liebe. Ganz einfach. Auch unsere eigenen Möglichkeiten sind unzählbar.

Zudem bin ich besonders selbstkritisch. Dementsprechend bleiben alle Projekte ein fortlaufender Prozess, in dem ich mich immer wieder frage, was man noch hätte besser machen können. Keine Erfahrung kann man zweimal machen, genau wie man kein Buch ein zweites Mal lesen kann, ohne es noch nicht zu kennen. Dieses Weiterentwickeln ist die schöne Hermeneutik des Wissens. Man muss dazu auch bereit sein, Fehler zu machen, denn dadurch lernt man. Bis heute habe ich viel gelernt.

Wir danken Julius für seine Zeit und den Einblick in seine Bürowelt und Arbeit.

Dieses Porträt hat das internationale Interviewmagazin Freunde von Freunden produziert. Dort gibt es noch weitere Infos zu Julius, seiner Kreuzberger Nachbarschaft und seinem Zuhause, wo handgezimmerte Einrichtungselemente einen schönen Kontrast zu seinem digitalen Arbeitsalltag bilden.

Mehr USM Möbel für das Büro und das eigene Zuhause finden sich hier.