Jon Ayling

Jon Ayling

Strategie- und Innovationsberater

2. Juni 2015

Berlin

Als Stratege muss man Zukunft antizipieren, mehr wissen als alle anderen – oder es zumindest sehr selbstbewusst behaupten. Jon Ayling, der in Berlin als Chefstratege für eine der berühmtesten Werbeagenturen der Welt, für Leo Burnett, arbeitet, hält allerdings nicht viel davon, Allwissenheit vorzugaukeln. Vielmehr ist das Leben für ihn ein ständiger Prozess des Dazulernens und das menschliche Verhalten ein faszinierendes Geheimnis. Diese Philosophie gibt er in seinen Vorlesungen an seine Studenten weiter, während er selbst, ganz nebenbei, noch einen zweiten Master in Stanford absolviert. Auch in Jons Wohnung spiegelt sich sein Wesen wider, sie erzählt von seinen zahlreichen Reisen und Stationen: Neben skandinavischen Designschätzen aus den 1960er Jahren reihen sich Flohmarktfunde aus der ganzen Welt. Überall gibt es kleine Kuriositäten zu entdecken. Der Sohn einer Jamaikanerin und eines Briten wuchs in einer musikvernarrten Familie auf, daher spielt Musik auch heute noch eine zentrale Rolle in seinem Leben – und Wohnzimmer. Seinem orangefarbenen USM-Möbel hat er daher kurzerhand noch eine Funktion hinzugefügt: Als heimisches DJ-Pult bildet das Regal das Herzstück der Wohnung.

In deiner Familie hat Musik eine große Bedeutung. Ich habe letzte Woche Chilly Gonzales in der Philharmonie gesehen und war beeindruckt von dessen Impulsivität und Spontaneität auf der Bühne. Wie wichtig sind diese beiden Faktoren für deine Arbeit als Stratege in einer Werbeagentur?

Spontaneität ist in ganz vielen Bereichen meines Jobs enorm wichtig. Mir kommt da dieser viel zitierte Spruch von Lee Iacocca in den Sinn: "Du kannst die brillantesten Ideen haben – wenn du es nicht schaffst, sie Menschen verständlich zu machen, dann bleiben sie sinnlos." Das stimmt absolut. Ich glaube, die Leute wollen unterhalten werden, niemand hört sich gerne stundenlang staubtrockene Vorträge an. Wenn ich also etwas präsentiere, dann ist das immer eine sehr spontane Aktion, weil es um Hingabe geht und ich genau in diesem Moment auf mein Publikum eingehen muss. Wenn ich Musik auflege, ist das ganz ähnlich: Ich kann eine Selektion von Platten mitbringen, aber wie und wann ich sie spiele, das hängt von der Energie des Publikums ab.

Welche Rolle spielt Musik in deinem Leben?

Ich bin mit der Musik meiner Eltern aufgewachsen. Sie haben vor meiner Geburt ein paar Jahre auf Jamaika gelebt und sind dort mit Calypso und Soka in Kontakt gekommen. Das war lange bevor es Reggae hab. Somit entstammt meine früheste musikalische Prägung dieser Richtung des Soul und Jazz. Während meiner Zeit in Manchester hatte ich dann viel mit der Funk-und-Soul-Szene zu tun. Ich lebte in einer großen Wohngemeinschaft und wir hatten immer viele Musiker zu Besuch. Das hat auch meine Arbeit als DJ stark beeinflusst.
Ich habe allerdings selber nie ein Instrument gespielt, anders als meine Cousine Lianne La Havas, die ja gerade als Sängerin und Songwriterin durchstartet.

Jon erzählt, dass sein orangefarbenes USM Regal am meisten Aufmerksamkeit erhalte. “Es ist irgendwie ein Statement, ohne aufdringlich zu sein, deswegen gefällt es mir auch so gut."

Suchst du bewusst nach Inspiration für deine Wohnung?

Ich mag es, wenn die Menschen, die mich umgeben, Einfluss nehmen und den Charakter der Wohnung mitprägen. Das ist dann eine Art Inspiration für mich. Ich veranstalte hier häufig Abendessen für Freunde und es ist erstaunlich, dass jeder Besucher eine Meinung zu bestimmten Möbelstücken hat. Ich glaube, die stärksten Reaktionen ruft das orangefarbene USM Regal hervor, weil es aus dem gängigen Farbstil ausbricht. Das Regal ist irgendwie ein Statement, ohne aufdringlich zu sein. Deswegen gefällt es mir auch so gut.

Wie bist du zu all den Möbeln gekommen, die uns hier in deiner Wohnung umgeben?

Über viele Dinge bin ich zufällig gestolpert, auf Flohmärkten, in Antikläden und auf Reisen. Der Stuhl, auf dem du sitzt, ist zum Beispiel ein King Chair von Strässle, den ich durch Zufall in einem Vintage-Shop entdeckt habe. Manchmal beginne ich aber auch, schon vorher zu recherchieren und mich für die Designer und die Philosophie hinter den Möbelstücken zu interessieren. Damit kann ich mich tagelang beschäftigen. Als ich hier eingezogen bin, habe ich die sehr bewusste Entscheidung getroffen, mir ein paar Designerstücke anzuschaffen, die ich schon immer haben wollte. So auch die USM Regale.

Apropos: Du besitzt zwei USM Regale. Wie sind sie in deinen Besitz gekommen?

Als ich hier eingezogen bin, hatte ich so gut wie keine Möbel. Das weiße USM Regal war mein erster Kauf und ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich es unter größten Anstrengungen mit einem Freund das Treppenhaus hochgetragen habe.
Das orangefarbene Regal ist das Ergebnis einer langen Suche. Ich habe es von USM customizen lassen, damit es mit dem Fernseher und den Turntables funktioniert. Dafür habe ich es neu angeordnet und Löcher in die Rückwand bohren lassen, damit die Kabel hindurch passen. Es war ein relativ langer Prozess, der aber super war, weil ich dabei einiges gelernt habe über die Technik, Kabel, Verbindungen und Strukturen. Ein richtiges kleines Projekt (lacht).

Was schätzt du an dem USM Design am meisten?

Ich finde es unheimlich schwierig, ein Regal zu finden, das sich erweitern lässt und gleichzeitig stabil ist. Ein solches Stück muss für mich mit jedem Inhalt funktionieren: mit Büchern, Platten, Zeitungen oder sonstigem Kram. Ich benutze das Regal nicht nur als Stauraum, sondern ich integriere es in meinen Alltag. Den Plattenspieler auf dem Regal benutze ich fast jeden Tag. Außerdem lässt sich das Regal gut kombinieren und es spannt eine Brücke zwischen Arbeit und Privatraum.

“Wenn ich etwas präsentiere, geht es um Hingabe.”

Wie wichtig ist Intuition für dich beim Kauf eines Möbelstücks?

Ich glaube, dass der Stil eines Möbelstücks kreiert wird durch das Gefühl, das es in einem auslöst. Es ist demnach eine bestimmte Emotion, die ein Möbelstück bei mir wecken muss, damit ich es kaufe. Klar kann man ein Design auch rational beschreiben, aber darum geht es eigentlich nicht. Schließlich wohnst du mit diesem Möbelstück, es ist Teil deines Lebens. In erster Linie muss also das Gefühl stimmen.
Außerdem gebe ich zu, dass ich mit meiner Einrichtung gern ein bisschen gegen den momentanen Trend gehe. Viele Designer legen heute Wert auf natürliche Materialien, vieles wird aus Holz und Stein hergestellt. Ich hingegen habe über die letzten Jahre ziemlich viele Möbel aus Plastik und Metall gekauft. Ich liebe die Designs der 1960er Jahre aus Finnland und Dänemark.

Reflektiert deine Einrichtung die Orte, an denen du gelebt hast?

Die Vinyls kommen von überall her: aus Singapur, Paris, Brüssel, Genf, New York oder Chicago – die Liste ist endlos lang. Das gleiche gilt für die Bilder an den Wänden. Mit einer kleinen Ausnahme: Das Bild von dem Herrn mit Glatze habe ich selber geschossen. Das ist John Birchall, ein Promifriseur aus London. Er hat auf vielen Covers der amerikanischen und britischen Vogue die Haare gestylt und ist ein ziemlich exzentrischer Typ.

Du lebst in Berlin. Was ist das Beste an deiner Nachbarschaft?

Ich liebe meinen 24-Stunden-Späti (Berliner Kiosk, der nonstop geöffnet ist) nebenan – der rettet mich, wenn ich sonntagabends mal spontan entscheide Thai zu kochen. Außerdem sind die meisten meiner Lieblingsrestaurants um die Ecke: Il Giradischi für Pizza, Viet Village, Sasaya, Les Valseuses und viele andere.
Mein Lieblingsplatz an einem lauen Sommerabend ist aber mein Balkon, mit einem Gin Tonic in der Hand und dem Stimmengewirr vom Prater-Biergarten im Hintergrund. Und von meinem Wohnzimmer aus beobachte ich gern die gelben U-Bahnen, die vor dem Haus in den Untergrund fahren. Das hat etwas sehr Beruhigendes.

An welchen Orten in Berlin fühlst du dich am meisten Zuhause?

Das Muret La Barba ist ein italienisches Restaurant direkt um die Ecke meines Büros – ein guter Ort für After Work Soul-Food und Drinks. Den besten Dark & Stormy der Stadt gib´s bei Kevin in der Redwood Bar. Außerdem bin ich sehr gerne bei Bonanza Coffee in der Oderberger Straße – die Jungs haben das Kaffeerösten perfektioniert.

Hast du so etwas wie ein festes Ritual, das du dir in Berlin angewöhnt hast?

Routine ist eigentlich nicht mein Ding, aber ein wunderbares Ritual ist der regelmäßige Besuch beim Barber Shop im Keller von Wheadon. Will, mein Barbier, ist ursprünglich aus New York und einer der wenigen, der es versteht, meine widerspenstigen Haare zu bändigen. Wir erzählen einander immer alle möglichen absurden Geschichten und wenn ich den Laden verlasse, bin ich jedes Mal um ein paar skurrile Anekdoten reicher.

Jon genießt seinen Kaffee gern bei Bonanza Coffee in Prenzlauer Berg: “Die Jungs haben das Kaffeerösten perfektioniert.”

Danke an Jon für die wunderbaren Gedanken und den schönen Einblick in seine Wohnung und sein Leben!

Dieses Porträt hat das internationale Interviewmagazin Freunde von Freunden produziert. Noch mehr USM Möbel für das Büro und das eigene Zuhause finden sich hier.